Volker Scheidler schaffte in seinem letzten Beitrag vor allem Bewusstsein über mögliche Kontrollmöglichkeiten beim Rollout von Office 365. Das ist wichtig und richtig. Vor allem für Entscheider sind diese Betrachtungen rund um das Thema Governance essentiell, um Risiken zu verringern und ein Leitsystem für die Anwender zur Verfügung zu stellen. Ein Leitsystem, in dessen Rahmen sie gefahrlos agieren können und so in den vollen Genuss der neuen Möglichkeiten kommen.

In diesem Beitrag möchte ich jedoch noch eine Ebene höher ansetzen: Nicht in Bezug auf die Entscheidungshierarchie(n), sondern hinsichtlich der Grundhaltung und Strategien, die im Zusammenhang mit den tatsächlichen Kunden Ihrer IT stehen: Dem Anwender.

Mindset, Skillset, Toolset – reicht das?

Bereits häufig bemüht ist der Ausdruck „Mindset“. Dieses Mindset soll „richtig“ sein, die Haltung zur neuen Agilität positiv und der Anwender soll freudig alles Neue annehmen. Kurzum: Die Mentalität soll zu den neuen Tools passen. Ich für mich gesprochen, kann das unterschreiben. Mir liegt das. Doch was ist, wenn der User das nicht kann?

Somit gelangen wir zum nächsten Schlagwort „Skillset“. Der Anwender muss auch wissen, wie er das tut. Vor allem das Erlernen der neuen Technologien steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem dritten Begriff „Toolset“. Dies sind die Pfeile im Köcher des Anwenders. Zusammengefasst muss der Bogenschütze den Willen haben, ein Ziel zu erreichen, die Fähigkeit den Bogen zu bedienen und dann auch noch den richtigen Pfeil verwenden.

Und auch das reicht immer noch nicht aus: Denn diese drei Themen treffen unmittelbar auf eine Organisationskultur. Es bringt wenig, dass die Mitarbeiter alle Tools gerne verwenden könnten und wollten, wenn dies nicht zur Organisationskultur passt. Werden zum Beispiel Aufgaben in strenger Abteilungshierarchie abgearbeitet, ergibt es wenig Sinn, immer neue Teams für kleine Gruppen zu erstellen, die neben der tatsächlichen Struktur existieren und eigene Kommunikationssilos schaffen.

Digitale Identität

Und hier wird es spannend: Was zeichnet die Organisationskultur aus? Wie arbeiten die Mitarbeiter bisher? Wie sind die Prozesse? An dieser Stelle möchte ich einen neuen Begriff ins Spiel bringen: Die digitale Identität eines Unternehmens.

Für mich ist die digitale Identität eines Unternehmens das Zusammenspiel aus Mind-, Skill- und Toolset gemeinsam mit der Kultur des Unternehmens.

Stellen Sie sich die Frage, wie die digitale Identität in Ihrem Unternehmen aussieht: Wie wollen Ihre Mitarbeiter ihre Aufgabe erfüllen? Welche Wege benutzen sie? Wie unterstützen Sie sie bereits dabei und wo nicht.

Seien Sie ehrlich zu sich.

Unangenehme Antworten können hilfreiche Argumente für den Modern Workplace sein.

Wenn Sie beispielsweise feststellen, dass Mitarbeiter noch gerne Daten auf externe Speichermedien, wie etwa USB-Sticks kopieren, um diese zu einem anderen Ort zu tragen, ist dies mit den neuen Möglichkeiten nicht mehr notwendig.

Mindestens genauso wichtig: Auch Ihre IT-Mitarbeiter gehört zu den Anwendern! Die Rolle der Techniker ändert sich stark in Office 365, und auch für diesen Wechsel muss Bewusstsein geschaffen werden. Die neuen Möglichkeiten bieten den Digital Citizen viel mehr Spielraum, welchen sie selbst schaffen und für sich gestalten können. Sie müssen hierfür jedoch Grundwissen besitzen und das Leitsystem kennen. Die ehemaligen Techniker, die vormals Werkzeuge gesichert und reguliert zur Verfügung gestellt haben, können sich nun nicht mehr darauf beschränken, denn die fachlichen Anforderungen sind nicht mehr klar abzugrenzen von den Werkzeugen. Ihre IT steht hierbei vor neuen Herausforderungen, den Anwendern nicht nur technisch zur Seite zu stehen, sondern auch auf Applikationsebene.

Es gibt viel zu tun

Wir sehen, dass es eine Menge Hausaufgaben gibt. Governance ist ein wesentlicher Bestandteil hierbei und ein guter Anfang. Fassen Sie die Fragestellungen jedoch weiter. Passen die Leitplanken zu Ihrer Identität? Wie unterstützen diese Ihre Mitarbeiter?

Packen Sie es an:

  • Schaffen Sie den Willen und die Befähigung die neuen Möglichkeiten zu nutzen und stellen Sie die Werkzeuge dazu bereit.
  • Analysieren Sie Ihr Unternehmen in Bezug auf Ihre digitale Identität
  • Nehmen Sie alle Stakeholder mit ins Boot. Mehr denn je, profitieren alle Beteiligten umso stärker, desto mehr Meinungen und Anforderungen eingebracht werden.
  • Die Einführung von Office 365 ist kein Upgrade Projekt, sondern ein „Digital Transformation Programm Projekt“, für das Sie eigene und neue auf Sie zugeschnittene Strategien entwickeln müssen.

Fazit

Vergessen Sie bei allen wichtigen Entscheidungen, die „von den Herrschern“ – also den Entscheidern – getroffen werden nicht Ihre Anwender. Diese sollten sich als Gewinner der digitalen Transformation sehen. Ihre User werden es Ihnen danken, in dem sie die neuen Möglichkeiten erkennen, gerne nutzen und somit produktiver ihre Ziele erreichen. Auch wenn dies bedeuten kann, dass häufiger Salat in der Kantine auf dem Speiseplan stehen sollte, da die Mitarbeiter keine USB-Sticks mehr nach Gebäude 13 am Ende der Straße tragen müssen. :-)

 

Ihr Dietmar Berberich

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